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Der Fluch des Tals

Was ein Tag… da wird schon seit geraumer Zeit immer wieder vor dem Erstarken von Wetterereignissen gewarnt. Entzürnt und fassungslos verfolge ich die unaufhaltsam voranschreitende Zerstörung unseres Klimas durch uns Menschen. Jeder schaut, was er selbst beitragen kann. Und doch, bleibt es für unsere begrenzte Vorstellungskraft immer auch ein stückweit abstrakt – der Klimawandel kneift uns ja nicht jeden Tag einmal kräftig, um zu zeigen wie echt er ist oder vlt doch und wir wollen´s einfach nicht merken.

Am 14.07. gab es dann einen wirklich eindrucksvollen Vorgeschmack auf das, was uns wohl oder übel in der Zukunft erwartet. Dem Bergischen Land wurde bereits seit Jahren ein Wasserproblem prognostiziert. Nach den letzten Jahren der Trockenheit, kam also jetzt das Wasser!

Der Garten hatte zu diesem Zeitpunkt gerade den Zuwachs von drei neuen Hochbeeten zu verzeichnen – vorbereitet mit der bereits vorgestellten Spezialmischung für ein bestmögliches Ergebnis bei überschaubarem Einsatz. Ca.50 Meter dahinter fließt die kleine Lennefe entlang. Immer mal wieder geht sie über die Ufer, durchnässt die Wiesen und ab und an auch Teile des Gartens.

Bereits am frühen Nachmittag wurde klar, dass es diesmal was krasser werden wird. Ein starker Strom hatte sich bereits vom Bach aus durch den Garten hin zum alten Mühlengraben gebildet. Und es regnete immer weiter.

Was ich selbst nicht für möglich gehalten habe, ist die Tatsache, dass das Wasser so schnell kommt und die Erkenntnis wie hilflos man dem entgegensteht. Der braune Fluss neben unserem Haus wurde minütlich stärker und reißender. Das Wasser suchte sich seinen Weg Richtung Ponystall und Hühnerauslauf, es stieg… wir mussten etwas unternehmen! Das Angebot unseres Nachbarn kam da mehr als recht und wir brachten die Ponies auf den hochgelegenen Hof,wo sie fürstlich umsorgt wurden. Nugget, unser letztes Hühnchen bekam Asyl im Haus.

Den Vergleich zu den weitaus stärker getroffenen Gebieten möchte ich nicht anstellen, dies ist ohne Frage eine unvergleichliche Tragödie. Und trotzdem erlebten wir auch unser Hochwasser als absoluten Schrecken. Immer weiter stieg das Wasser um unser Haus, die Nebengebäude standen bereits voll. Wie ein großer Fels trotzten unsere Mauern den Wassermassen, der Lärm war unbeschreiblich. Im Garten fielen Bäume auf die Stromleitung und rissen sie in den “See”, der mal unser Garten war, fielen über die Straße, so dass auch dieser Weg blockiert war.

Die Anrufe beim Energieversorger waren zwecklos, wie auch die beim Notruf. Unverhoffte Hilfe kam in Form meiner lieben Freundin durch den Wald zu uns gestapft… nass bis auf die Knochen räumten wir zusammen alles in Sicherheit, was noch möglich war, bauten mit Teppichen die alten schlecht abgedichteten Türen zum Haus zu. Das Wasser stand mit im Garten bis zur Brust, als wir die letzten Versuche unternahmen, Möbel und anderes vor dem Wegschwimmen zu retten, so dass es nicht den so wichtigen Abfluss am Ende des Gartens vertopfen kann, der sowieso schon nur einen kleinen Teil der Fluten zurück zum Bach führen konnte. Die Straße war nicht mehr zu begehen, ohne die Gefahr vom Wasser schlichtweg mitgerissen zu werden. Armageddon an der Lennefer Mühle – natürlich rein subjektiv, aber an dem Abend so unglaublich real.

Mit Einbruch der Dunkelheit stieg der Schrecken des tosenden Wassers ums Haus… wir prüften den Wasserstand am Hausstein alle paar Minuten: noch eine halbe Stufe, dann ist es drinnen. Welche Möbel kommen auf die erste Etage, was passt überhaupt die Treppe hoch? Der Heizungskeller lief bereits voll…

Ohne Strom um Kerzen versammelt, bangten wir vor dem, was die Nacht mit sich bringen würde. Mehrmals fuhren Rettungskräfte unseren Hof an, mussten aber unverrichteter Dinge wieder weiter, da die Stromleitung jegliche Zuwegung verperrte.
Doch kam es anders: Mama Erde beließ es bei dem ungehörigen Schrecken, den sie uns so eindrucksvoll eingejadt hatte. Das Wasser ging zurück, es wären noch vlt zwei Zentimeter gewesen, dann hätte das Erdgeschoss definitiv eine Grundsanierung erhalten müssen.

Wie unwirklich war es, als ich mich um zwei Uhr nachts noch einmal nach draußen traute, denn… das Wasser war weg! Eine dicke Schlammschicht bedeckte alles um das Haus, kleine Rinnsale liefen noch durch den Garten.

Im Vergleich zu so vielen, die ihr komplettes Hab und Gut verloren haben, dem Wasser zum Opfer gefallen sind, muss man wohl von Glück sprechen. Aber es bleibt ein zweifelhaftes Glück, denn dieses Erlebnis beweist nachhaltig wie sehr wir dem Willen der Natur ausgeliefert sind. Wir, die wir uns einbilden, alles zu managen, für uns nutzen und auszubeuten. Die Krone der Schöpfung inerhalb von zwei Stunden verwandelt in ein bibberndes hilfloses Häufchen Elend im Angesicht der imposanten Machtdemonstration. Da helfen keine kläglichen Maßnahmen, da hilft unter Umständen nur eine komplette Wende in unserem Umgang mit Natur und unserem Gebaren auf diesem Planeten.

Für mich war dieser Abend eine beinahe traumatische Erfahrung. Auch, wenn ich es immer bewusst propagiert habe, dass wir es bereuen werden, was wir mit der uns beheimatenden Mutter Erde alles anstellen und wir gar nichts ausrichten können, wenn es soweit ist… allein diese paar Stunden haben die vermeintliche Sicherheit in unseren Breitengraden – jedenfalls für mich – noch einmal weitaus mehr erschüttert. Dieses Ereignis muss doch die Köpfe der Verantwortlichen mehr als durchgespült haben! Wenn wir nicht jetzt und in aller Intensität etwas unternehmen- weit über das Anlegen von Grünflächen im Ortskern oder andere Pseudoaktionen für den Umweltschutz; tja, dann…

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