Die Fichtenplantage ist tot – es lebe die Fichtenplantage
Ja, hell ist es geworden im letzten Jahr. Mit jedem abgeholzten Stück Wald oder wohl eher Plantagenwald, verändert sich die Landschaft, das Licht und somit auch der Bewuchs vieler Flächen.
Nachdem der Borkenkäfer schon 2019 riesige Flächen an von den dürren Jahren zuvor geschwächten Fichtenschonungen befallen hat, war die Katastrophe komplett und vorallem unaufhaltsam. Der Wald bzw. die Fichten starben… Immer mehr braune Flecken waren im Landschaftsbild zu sehen und die ersten Waldbauern begannen mit der Abholzung.
Wie so oft bei einer so ausufernden Plage, Seuche, was auch immer… gab´s erst mal Informationschaos. Was unglaublich schade ist, denn so wurden auch unsere Fichten wider besseres Wissen abgeholzt und verkauft. Dieser Schritt wurde sowohl von der Forstbehörde als auch von sogenannten Sachverständigen angeraten.
Was diese Maßnahme mit dem Ökosystem Wald anstellt ist erschreckend und mir katastrophalerweise erst viel zu spät bewusst gemacht worden. Schutzlos liegt er nun da, bzw. das was wieder versucht ein Wald zu werden. Der Verbiss des Rehwilds ist umso schädlicher, da ja alles andere ordentlich beseitigt wurde. Eine wirkliche Tragödie. Und verbunden mit der Frage, was nun wohl das Beste ist. Bepflanzung? Aber wenn, was? Oder lassen wir den Wald endlich einfach mal in Ruhe?
Stand jetzt ist, dass wir die Flächen unberührt lassen. Glücklicherweise liegt auf unseren Flächen noch eine Menge Totholz, welches TIeren weiterhin Schutz bieten kann, dem Boden und den neuen Keimlingen Schatten, Feuchtigkeit und im Zerfallprozess auch Dünger bietet. Wenigstens.
Unsere Erkundungsgänge – nun ein paar Monate nach der Abholzung – bringen erste Erkenntnisse: Einige Buchen sind auf dem Weg. Mengen an Springkraut bevölkern die leeren Flächen und finden nun die Bedingungen vor, um außergewöhnlich große Pflanzen auszubilden – mit ihnen natürlich auch wieder Massen an frischem Saatgut. Die oft prognostizierten wiederkehrenden Fichten sind bisher nicht erkennbar, dafür haben sich bereits einige halbhohe Bäume und Büsche ins Bild gesetzt.
Jedoch ist der Prozess der Abholzung aktuell noch im Gange – die Nachbargrundstücke werden momentan bearbeitet. Noch mehr Sonne, noch weniger Schutz für die heimischen Wildtiere und eine immense Bodenverdichtung durch das schwere eingesetzte Gerät.
Der Ausblick auf das, was nun kommen wird ist aus meiner Sicht unklar. Auch die Experten sind sich derweil uneinig, ob der Fichtenwald durch Keimlinge einfach wieder zurückkehrt oder ob sich andere Baumstrukturen durchsetzen werden. Da unser Wald in Deutschland kein Urwald ist, sondern vielmehr ein wirtschaftlicher Faktor, werden viele Kahlschläge nun wieder bepflanzt – auch mit Fichten in Monokultur. Tipps zur Aufforstung mit nicht hiesigen Baumsorten machen die Runde und bringen wieder neue Herausforderungen mit sich. So dauert das Etablieren solch eines neuen Waldbewohners viele Jahre, bis er von den Tieren und auch den Pilzstrukturen des Waldes als Teilnehmer anerkannt wird.
Daneben wird allen voran das Reh als Feind des Waldes dämonisiert und höhere oder unbegrenzte Abschüsse sollen dem entgegenstehen. Nachdem also das Untier Mensch seit Jahrzehnten den heimischen Wald durch Holzplantagen ersetzt hat, nun durch einen selbstverschuldeten Klimawandel dessen Überleben beinahe unmöglich macht, wird letztendlich auch noch das Rehwild aus dem Weg geschossen, um diese Kette an Fehlern zu unterbrechen. Herzlichen Glückwunsch zu solch einer kolossalen Kurzsicht und verachtenswerten Haltung.
Ein Netzfund, welchen ich als besonders perfide empfand, war der Aufruf einer Kirchengemeinde in der Umgebung, den Abschuss des Rehwilds stark zu forcieren, indem die Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ausgereizt werden sollen: durch Drohneneinsatz, Nachtsichtgeräte und natürlich die verstärkte Veranstaltung von Drückjagden. Tatsächlich besitzen die Kirchen einen extrem großen Teil der Wälder in der Region und haben so eine immense Mitsprache in puncto Bejagung. Selbst von der Monetarisierung von Abschüssen war die Rede… Konzepte direkt von der Krone der Schöpfung.
Wieder in unseren heimischen Gefilden, bleibe ich gespannt auf die zu beobachtenden Veränderungen und Entwicklungen in Hinblick auf das Tierleben und den kommenden Bewuchs. Das erste Mal habe ich diesen Sommer zwei Ringelnattern hier sehen können – vielleicht erste Vorboten einer Veränderung?
(Unglaublich lehrreich waren zu diesem Thema übrigens die Diskussionen und Beiträge auf Wohllebens Waldgipfel 2021 “Waldsterben” – gibt´s auf Youtube anzuschauen.)